Das Ende der Welt 28.11 – 9.12.2010
Via Rio Grande, wir benützen diese hässliche Küstenstadt nur um unseren Vorrat aufzufüllen, fahren wir durch bis Tolhuin am Lago Fagnano. Seit der Grenze ist die Ruta 3 wieder makellos, was uns nach der chilenischen Schüttelei natürlich sehr erfreut. Auf dem extravaganten Camping „Hain“ bleiben wir 6 Tage hängen. Überall hat es kleine Nischen als Windschutz mit Grillstellen, tonnenweise Brennholz, einen lustigen Besitzer und vor allem, heisses Wasser und perfektes Internet.
Seit ein paar Tagen haben wir mit unserem Wassersystem Probleme. Nach ein paar Sekunden Heisswasser kommt nur noch kalt. Keine Chance so zu duschen. Aber wo liegt das Problem? Boiler verkalkt? Leitung verschmutzt? Mischventil defekt? Roland unser Hüttlibauer von Tartaruga gibt uns via Mail einen Tipp und nach viel Gefluche und Kraftanstrengung schafft Felix das völlig verhockte Mischventil zu demontieren und zu reinigen. Nun funktioniert unser Wasser besser als je zuvor. Nomal merci villmal Roli gäll! Franziska strickt in der Zwischenzeit mit der von Sabina geschenkten handgesponnenen Merinoschafwolle Handschuhe. Die werden bestimmt sehr warm werden, bekommt sie doch beim Stricken fettige Finger vom noch vorhandenen Lanolin.
Am 5. Dezember nehmen wir die letzten 100 km nach Süden unter die Räder.
Ushuaia empfängt uns herzlich mit einem freundlichen Schneesturm. Endlich mal wieder was Neues nach dem vielen Regen und Wind. Trotzdem ziehen wir noch ein Stück weiter in den NP Tierra del Fuego. Dieser kleine Park ist ein Schmuckstück irdischer Naturkunst. Inmitten karger Bergspitzen fliessen Bäche und Flüsse durch grüne Matten und Wälder. Die Bäume sind knorrig und mit Flechten behangen. Hier ist es beinahe windstill. So können wir das Gurgeln der Bäche, und das Krächzen der Ibisse und Magellangänse hören. Ausser Füchse, Biber und Kaninchen, alle von Europa eingeführt, gibt es hier kaum mehr anderes Wild. Nicht einmal die Forellen wollen an unsere Angel, oder hat es vielleicht gar keine mehr?
Wild war aber bestimmt die Zeit der Gründung Ushuaias. Hier entstand 1920 das Schwerverbrecher- Gefängnis von Argentinien. Nur schon der Gedanke hier in einem kalten Loch ohne Heizung mit minimaler Verpflegung zu sitzen, ist Strafe genug. Die Gefangen mussten zuerst eine Transportbahn erstellen, um die Baumaterialien nach Ushuaia zu bringen. Diese Schmalspurbahn fährt heute noch Touristen in den Park.
Wir sind am südlichsten Punkt der Welt, den man mit dem Auto erreichen kann. Nur 1000 km entfernt liegt die Antarktis, die wir, weil viel zu teuer auslassen werden. Hier ist die Ruta 3 zu Ende, 3079 km von Buenos Aires entfernt. Von hier sind es jetzt 17`900 km bis Alaska am anderen Ende der Welt. Mal schauen, wann und ob wir dort ankommen werden.
Eigentlich hatten wir ja vor, hier die Weihnachtstage zu verbringen und mit anderen Campern zu feiern. Das würde bedeuten, noch 20 Tage in dieser Gegend zu bleiben. Bei diesem Wetter aber macht das einfach keinen Spass, deshalb beschliessen wir, wieder nach Norden in die Wärme aufzubrechen.
Vorher besichtigen wir aber noch die erste Estanzia Feuerlands. Nur 80 km östlich von Ushuaia liegt die Haberton Farm wunderbar alleine am Beaglekanal. Sie wurde vom argentinischen Staat dem anglikanischen Missionar Thomas Bridges Ende des 18. Jahrhundert als Dank für seine Verdienste vermacht. Er und seine Familie waren die ersten Weissen auf der Insel. Sie lebten zusammen mit den mittlerweile ausgestorbenen Indianern, studierten ihre Sprachen, schrieben Wörterbücher und hinterliessen Informationen von unschätzbarem Wert. Noch heute ist die Farm im Familienbesitz.
Die jetzige Patronin hat vor Jahren in der Nähe eine Walfischforschungsstation eingerichtet. Eigentlich ist es mehr eine Sammlung unzähliger Wal- und Delfinskelette. Hier werden laufend gestrandete, tote Meeressäuger abgeliefert, die dann von Volontären hergerichtet werden. Wir bekommen von Mirjam, einer Schweizer Biologin, eine lange Führung durchs Knochenhaus und erfahren viele neue Details.
Zum ersten Mal sehen wir auch, was es bedeuten könnte, beim Tauchen einem Seeleoparden zu begegnen. Das Tier hat ein Gebiss wie ein Tiger, ist über 3 m lang und höchst aggressiv. Gott sei Dank ist es eh zu kalt um zu tauchen.
So und nun fahren wir glücklich mit einem selbstgemachten Chlaussäckli im Gepäck zurück nach Punta Arenas.
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