• 15. September. 2011 /  Brasilien, Südamerika

    Der reiche Süden 27.8. – 8.9.2011

    Brasilien empfängt uns mit sintflutartigen Regenfällen, obwohl die Regenzeit erst im November beginnen soll. Wir fahren tagelang der Küste entlang nördlich, um aus diesem Tief so schnell wie möglich heraus zu kommen. Schlussendlich müssen wir in Rio Grande feststellen, dass wir auf unserer Karte im Massstab 1 : 3‘850‘000 lediglich 2 cm weit gekommen sind. Brasilien ist wahrhaftig riesig. Es ist mit Abstand das grösste Land Südamerikas mit 8‘456‘510 km2, das heisst etwa in der Grösse der USA ohne Alaska.

    Der Regen hält an und zusätzlich ist der Wind so stark geworden, dass die Fähre über die Meeresbucht Lagoa dos Patos ihren Betrieb einstellt. Wir fragen (mit Händen und Füssen), ob wir wohl die Nacht auf dem Fährgelände verbringen dürfen und bekommen sogar noch eine Stromleitung direkt vor unsere WOMOS geliefert. Beim Warten interessiert sich eine Gruppe Offroader, die mit 5 Jeeps unterwegs ist, für uns und wir beantworten die Routinefragen: woher, wohin und ob es uns in ihrem Land gefällt.  5 Minuten dauert dieses Gespräch und wir werden von einem dieser Jungs (Leonardo) in sein Haus in Garibaldi eingeladen, sollten wir diese Stadt irgendwann passieren.

    Auf der Höhe der Küstenstadt Torres biegen wir links ab ins Landesinnere, um die atemberaubenden Canyons im Park Aparados da Serra zu durchfahren, sehen aber ausser dichten Regenwolken und Nebel manchmal kaum einen Meter weit. Mit Allrad und Untersetzung geht es endlich wieder einmal eine Passstrasse bergauf. Dort stehen wir mit langen Gesichtern auf dem Hochplateau vor einem geschlossenen Parkeingang. Dieser ist leider nur 3 Tage die Woche geöffnet. Den Reiseführer genau zu studieren, wäre eine gute Idee gewesen.

    Später fahren wir durch eine Gegend nordwestwärts, die uns viel mehr ans Emmental erinnert, als an ein Tropenland und in Gramado meinen wir, mitten in einem Schwarzwälder Badekurort oder Kitzbühl zu stehen. Mondäne Strassen und teure internationale Geschäfte, verpackt in schmucke Häuser. Alles perfekt auf luxuriösen Tourismus getrimmt. Mit viel Kitsch verkauft man hier vor allem Schokolade und Dinge, die man eigentlich gar nicht braucht.

    Die Canyonroute, die Ruta Romantica liegt tatsächlich auf dem Weg nach Garibaldi und wir entschliessen uns, bei Leonardo anzuklopfen. Franziska navigiert uns trotz Nullsicht und Dunkelheit direkt vor die Einfahrt seines Arbeitsplatzes. Leonardo ist Önologe und ein hohes Tier bei der Firma Chandon, dem Nr. 1 Champagnerproduzent von Brasil. Da schon lange Arbeitsschluss ist, ruft eine Wächterin bei ihm zu Hause an und wir werden bald schon abgeholt.

    Dann staunen wir Bauklötze, wie  herzlich wir von seiner ganzen Familie, in dieser Megavilla empfangen werden. Es gibt ein Fisch- und Seafoodgericht und alle Champagner seiner Firma werden der Reihe nach aufgetischt. Jeder schmeckt uns vorzüglich. Um 23.00 Uhr kommt noch ein Freund mit seiner 8-jährigen Tochter zu Besuch (völlig normal in Brasilien). Francesco singt in einer Countryband und lädt Felix spontan zu einer Jamsession mit Grill und Bier am nächsten Abend ein, doch leider möchte die Mehrheit lieber schon wieder weiterfahren.

    Am Morgen danach, mit leichtem Brummschädel, werden wir durch die moderne Kellerei geführt und bekommen als Abschiedsgeschenk je noch eine Flasche Chandon Passion. Drei Traubensorten, Hefe und Zucker für die 2. Fermentierung und einige Monate Zeit braucht es für diesen exzellenten Champus. Es war toll.

    Dann erreichen wir Foz do Iguaçu, mit seinen wunderschönen Wasserfällen. Hier waren wir schon vor einem Jahr, nur stehen wir heute auf der brasilianischen Seite.  Uns beindruckt das Getöse mindestens ebenso stark von dieser Seite, da wir die Wasserfront nun direkt vor der Nase haben. In Argentinien kommt man zwar viel näher heran, aber das Gesamtbild ist nicht so gewaltig.

    Tagelang quälen wir uns auf einer LKW-Verbindung gegen Norden. Wir müssen uns beeilen, da die Regenzeit im Pantanal nicht auf uns wartet. Hunderte von einschläfernden km sehen wir nur gigantische Maisfelder und Kühe in allen Farben und Formen der Welt. Das einzig richtig Spannende an dieser Strecke ist, dass Ruth und Walter sich bei einem Früchtestand ausschliessen. Gott sei Dank finden wir bald schon einen Autoknacker, der ohne Schaden das Schloss öffnet.

    Am 4. Sept. kommen wir wieder in den Tropen an. Die Gegend um Bonito ist umgeben von spektakulären Naturwundern. Die Stadt ist der Mittelpunkt des Ökotourismusbooms von Mato Grosso do Sul und lockt mit kristallklaren Flüssen mit 30 verschiedenen Fischarten, Schnorcheln, Tauchen, Rafting und vielem mehr. Ganz speziell ist die Vogelwelt hier. Es wimmelt geradezu von Aras, Tukanen, Ibissen, und vielen uns fremden Arten. Z. B. ein normaler Morgen: Geweckt werden wir von Tukanen, die über unserem Autodach Äste knappern; beim Morgenessen fliegen Aras über uns hinweg, irgendwelche übergrossen Meerscheinchen spazieren vorbei, Affen wollen unser Frühstück stibitzen und die Rotte Wildschweine, die uns um 03.00 Uhr schon geweckt hat, als sie unter Hidalgo nach Futter suchte, grunzt immer noch in der Nähe herum.

    Wir baden und schnorcheln in den klaren und kühlen Flussläufen, denn draussen ist es gegen 40°.

    Eine geführte Schnorcheltour im klarsten Fluss überhaupt mit bis zu 40 Metern Sicht wollen wir uns nicht leisten. Felix weigert sich strickt, 50.- Franken zu bezahlen, um in einem Fluss unter Aufsicht eines Guides schnorcheln zu dürfen.

    Auch gibt es hier einen Blautopf, ein Krater, der vor langer Zeit in sich zusammen gefallen ist und nun von einer unterirdischen Quelle gefüllt wird. Man könnte ihn betauchen, im klarsten Wasser auf 50 m runter gehen und die Fische beobachten, wenn man bereit ist, für dieses Spektakel 130.- Franken auszugeben. Wir lassen auch dies „leider“ bleiben.

    In der Nähe von Jardim besuchen wir das Schutzgebiet Buraco das Araras. Dort wohnen ca. 100 rot – blaue Aras in und um eine einzigartige Doline aus lachsrotem Sandstein. Die Doline ist 100 m tief, besitzt am Grund einen grünen See mit einem Kaimanenpaar und hat einen Durchmesser von 160 m. Fasziniert verfolgen wir ihre Flugmanöver und versuchen eine Stunde lang, gerade dies fotografisch festzuhalten.

    Von Südbrasilien sind wir sehr positiv überrascht. Seit bald 3 Wochen hier on the road und noch keine einzige Polizeikontrolle. Die Strassen durchaus gut, Wegweiser und km Angaben überall vorhanden und kaum zerschossen. Die Dörfer und Städte haben überall Strassencafés, die Häuser sind meis schmuck mit viel Grünzeug im Garten und eigentlich ist immer alles auffallend sauber.

    Das Beste sind die Brasilianer selbst. Wildfremde Menschen bedanken sich bei uns, dass wir ihr Land bereisen. Alle sind sehr freundlich und hilfsbereit und wollen mit uns quatschen, aber portugiesisch, und dazu noch mit diesem Süddialekt? Es ist grauenhaft, für uns hört sich das wie eine Mischung aus russisch und einem Sprachfehler an. Aber wir kommen zurecht und es macht grossen Spass.

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    Posted by felix @ 18:50

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