• 12. August. 2012 /  Kolumbien, Südamerika

    Von Ippiales in die Kaffeeregion, 24.7 – 12.8.2012

    PAZ. DIOS VE TODO. (Frieden. Gott sieht alles). Dies ist die Hoffnung, dies das Gebet, welches die Kolumbianer eint in einer Zeit, in der sich das Land aus dem jahrhundertealten Sumpf der Gewalt wie ein Phönix aus der Asche zu erheben versucht. Der Sumpf ist vielleicht nicht trockener, aber wesentlich begehbarer geworden seit dem Amtsantritt des Präsidenten Alvaro Uribe. So steht es im Vorwort unseres Reiseführers.

    Viel wissen wir nicht von Kolumbien, nur das, was wir lesen, aus den Nachrichten hören und sehen. Also ein höchst gefährliches Land, überhäuft mit der Guerillatruppe FARC, (Revolutionäre Streitkraft Kolumbiens = heute nur noch Banditen und Drogenkuriere) und unzähligen Rauschgiftplantagen mit ihren weltweit fadenspinnenden Drogenbaronen. Aber auch, so hören wir von Reisenden, die aus dem Norden kommen, das wohl gastfreundlichste Land Lateinamerikas. 27 Mal so gross wie die Schweiz, mit 46 Mio. Einwohnern, oben rechts der Karibikküste, links dem Pazifik, mit den 3 Andenkordilleren, den Los Llanos und der Amazonasregion wird es uns bestimmt viel zu bieten haben.

    Wir lassen uns überraschen!

    Bei der Einreise auf beinahe 3000 m Höhe erwartet uns kaltes Regenwetter, das uns noch über eine Woche begleiten wird. Die Highlights, die wir anfahren, begeistern, laden uns aber nicht ein, dort zu verweilen. So hoffen wir, gleich hinter der nächsten Hügelkette, auf dieser steten Berg- und Talbahn, wird es endlich trocken.

    Nach der Besichtigung der filigran gebauten neugotischen Kirche bei Las Lajas und einem Abstecher zur Laguna de la Cocha erkundigen wir uns in Popeyán bei den omnipräsenten Militärs entlang der Strassen über die Sicherheit abseits der PanAm. Der Südwesten Kolumbiens gilt immer noch als Hochburg der FARC und anderen staatsfeindlichen Gruppierungen. Also macht es Sinn, auf Polizei und Armee zu hören. Halten diese den Daumen in die Höhe, bedeutet es: alles klar, die Luft ist rein! Die Fahrt über die Berge nach San Agustín kann los gehen.

    Über eine Kordillere mit riesigen Mönchsgewächsfeldern, durch Nebelwälder auf übler Schlammpiste brauchen wir von der Therme Aquatibia nach San Agustín, eigentlich nur 100 km, beinahe den ganzen Tag. Dafür erwarten uns hier die spektakulären Funde alter Steinfiguren. Durch dichten Sekundärwald führen schmale Wege zu über 60 verschiedenen in dieser Gegend entdeckten Skulpturen und Gräber. Es sollen die bedeutendsten und geheimnisvollsten archäologischen Funde des Kontinents sein.

    Mindestens ebenso gut gefallen uns die bis zu 10 m tiefen Schachtgräber 200 km weiter in Tierradentro bei San Andrés de Pisimbalá. Die Gewölbe messen 2 – 7 m im Durchmesser und sind mit zum Teil gut erhaltenen, erlesenen geometrischen Wandmalereien geschmückt. Auf den steil aufragenden Bergrücken entdeckte man bisher etwa 100 solcher unterirdischer Sammelgräber einer unbekannten, prähispanischen Kultur.  Im strömenden Regen wandern wir 5 Stunden von Grab zu Grab und kraxeln immer wieder mit der Taschenlampe hinunter in diese aus dem Fels gehauenen Gruften.

    Das Wetter bessert und damit auch die Stimmung von Felix. Wir sind auf dem Weg in die einzige Wüste dieses Landes, der Desierto de la Tatacoa (Klapperschlangenwüste). Mit nur 330 km2 liegt diese Wüste in einem breiten Tal zwischen zwei Bergketten. Rundherum werden diese Berge notorisch verregnet, eine besondere Thermik verhindert aber, dass sich die Wolken über dieser Ebene entleeren können. In der südlichen Grossstadt Neiva wird noch einmal tüchtig eingekauft und Wasser gebunkert und schon 45 km später stehen wir im Herzen der Tatacoa. War das wohl ein guter Entscheid hierher zu fahren? Schon in der Stadt war es gemütlich warm, aber in diesen wenigen km ist das Thermometer auf über 40° gestiegen. Seit Paraguay haben wir solche Hitze nicht mehr erlebt. Als erstes hängen wir die tropfnasse Wäsche, die wir am Morgen beim letzten Übernachtungsplatz, dem neuen Hotel „ Balcones de la Pradera“ direkt aus der Maschine bei uns ins Bad warfen, in den knochentrockenen Wind. Schneller als jeder Tumbler, ja in weniger als 10 Min. ist sie trocken.

    500 m hinter einer kleinen Sternwarte finden wir einen perfekten Stellplatz und parken so, dass der Wind direkt durch die Tür die ganze Kabine durchlüften kann. Wir denken, dass es hier jeden Tag so stark windet und für Kühlung sorgt. Denkste, die nächsten Tage herrscht totale Windstille und über die Mittagszeit, Schatten zu finden ist zwecklos, so hängen wir im Hidalgo und hoffen auf Wolken. Morgens und abends durchstreifen wir die verschiedenen Canyons der Umgebung und staunen über die Vielfalt der trotz der Hitze vorkommenden Tiere und Pflanzen. 7 km weiter finden wir sogar bei Los Hoyos mitten in einer grauen Sandsteinschlucht ein Piscina. Aus einer unterirdischen Quelle hat man das Wasser gefasst und in ein grosses Betonbecken geleitet. Herrlich im kühlen Nass lange zu sitzen und die absolute Stille zu geniessen. Wenn dann aber ein Schulbus mit 40 Kindern auftaucht, hört der Spass abrupt auf und wir verziehen uns schnellstens.

    Vor Wochen haben wir im Internet das deutsche Paar Petra und Klaus kennen gelernt, die von Norden her kommend nun ganz in der Nähe sind. Auch weil sie das gleiche Auto mit Kabine haben, ist es für uns sehr interessant Infos aus zu tauschen. Nach einer 340 km langen Tagesetappe treffen wir uns in der Kafferegion im Dorf Salento auf der Hazienda La Serrana. Swantje und Stefan mit ihrem Landi stehen auch schon hier und da gibt es natürlich viel zu schnacken. Offensichtlich ist die Sympathie gegenseitig und wir verbringen zusammen eine tolle Zeit. Schlussendlich werden diese 7 Tage als „die kulinarische Woche“ in unsere Annalen übergehen. Von Ziggerspätzli bis zum niedergegarten Rinderfilet gibt es einfach alles.

    Wir besichtigen eine Kaffeplantage mit Führung des Besitzers Pablo. Wir erfahren alles über den Kaffeanbau. Von der Pflanzung des Keimlings bis zum richtigen Aufbrühen des köstlich duftenden dunkelbraunen Pulvers. Kolumbianischen, frisch gerösteten Kaffee, mitten in der Plantage zu trinken, schmeckt gleich noch eine Nuance besser.

    Dann unternehmen wir eine grosse Wanderung im Valle Cocora, zu den bis zu 60 m hohen Wachspalmen. Diese Palmenart gilt als das Wahrzeichen Kolumbiens. Zu Recht! Majestätisch thronen sie über den steilen Bergrücken in so hoher Zahl wie nirgends sonst. Zieht der Nebel auf, kann man die Blätterkronen vom Boden her kaum noch sehen. Durch dichten Dschungel, einem Wildbach mit 6 Hängebrücken folgend, erreichen wir ein Berggasthaus, trinken natürlichen den obligaten Kaffe und treffen viele andere… na was denn??? Deutsche und Schweizer!

    Petra und Klaus zieht es nun in die Tatacoawüste und uns Richtung Norden. Vorher gibt es aber noch einiges zu tun. Wir wollen den 1. Bericht von Kolumbien im Netz wissen und dann haben wir dem Besitzer der Hazienda La Serrana versprochen, seinen Köchinnen das Brot backen bei zu bringen. Hoffentlich haben wir mit diesem riesigen Pizzaofen nicht zu viel versprochen.

    Bis jetzt fühlen wir uns hier sehr sicher, obwohl gleich um die Ecke kurz hintereinander 2 Touristenpaare überfallen wurden. Sie waren jedoch im Dunkeln und alleine unterwegs und das macht man hier einfach nicht. Die Polizei patrouilliert regelmässig durch die ganze Gegend, kann aber nicht überall sein. Wir erleben die Kolumbianer als sehr herzlich, offen und extrem neugierig. Und Kolumbien ist anders als die südlicheren Länder und anders als erwartet. Es kommt uns modern, sauber und organisiert entgegen. Die Häuser sind verputzt, oft bemalt oder sogar geschmückt mit Blumengärten und wir haben auch schon vereinzelt Lampenschirme und Vorhänge gesehen. Uns gefällt’s.

    Weitere Bilder zu Kolumbien 1

    Posted by franziska @ 21:25

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