• 13. August. 2013 /  Mexico, Mittelamerika/Mexiko

    Machen Städte krank? 22. 6. – 14.8. 2013

    Kurz vor SMA (San Miguel de Allende) lassen wir Hidalgo noch gründlich waschen, damit es dann beim Ummontieren der neuen Felgen keine schmutzigen Hände gibt. Dies wird aber 3 Minuten vor dem Erreichen unseres Ziels, wegen eines Gewitters mit überfluteten Strassen sogleich heftig zunichte gemacht.

    Hans Weber, zu unserem Erstaunen ein kleiner, brauner Vollblutmexikaner heisst uns auf seinem gut ausgerüsteten Campingplatz mitten in der Stadt willkommen und teilt sogleich mit, dass noch keine Pakete mit Felgen eingetroffen sind. Wir haben Zeit und richten uns häuslich ein.

    SMA bietet alles, was man sich nur wünscht. Eine seit 1926 vollständig unter Denkmalschutz gestellte mittelgrosse Kolonialstadt mit wunderschönen Häusern, Kirchen und Gassen, einem Freilichtmuseum gleich. Trotz perfekter Infrastruktur und tollen, modernen Einkaufsmöglichkeiten sind die authentischen Märkte erhalten geblieben. Es gibt ein kunterbuntes, reichhaltiges Kulturangebot und nicht zuletzt ist auch das tolle, gemässigte Klima auf 1800 m verantwortlich, dass viele Camper hier hängenbleiben. Den Rekord hat das nette deutsche Paar gleich neben uns schon lange geschafft. Auf ihrem Weg von Kanada nach Patagonien sind sie hier vor 4 Jahren gelandet und seither wurde ihr MAN-Truck nicht mehr bewegt.

    Schon 3 Tage später sind unsere so sehr erwarteten Felgen hier, und sogleich werden sie in einer nahen Werkstatt montiert. Unser seit Paraguay anhaltender Runninggag hat nun endlich ein Ende gefunden. Die alten Alufelgen können wir sogar für 18 Peso das Kilo verkaufen. Felix macht am aufgebockten Hiddy noch diverse Unterhaltsarbeiten wie, Bremsen revidieren, entrosten, schmieren uvm. während Franziska die Kabine auf Vordermann bringt. Wir wollen bevor Franziska im August für 3 Wochen in die CH fliegt noch eine grosse Nordostkurve um Mexico City machen und zwei der höchsten Berge von Mexico besteigen. Doch Halt: da wir ja schon mal hier sind, könnte Felix noch schnell seinen in Guatemala abgebrochenen Stockzahn flicken lassen.

    El Dentista Hugo Cervantes Matehuala meint, dass dieser Zahn nur noch mit einer Krone zu retten ist. Nun denn, die Offerte von 2500 Pesos = CHF 190.- ist verlockend und nach der lapidaren Antwort von Felix’ Zahni in der Schweiz auf die Anfrage, was es zu beachten gibt, „ Der wird seine Sache schon gut machen“, willigt er ein. Gute Idee, schlechte Idee, wir werden es sehen. Aus den versprochenen 10 Tagen, werden 4 Wochen und bei seinem vorletzen Termin kommt Franziska auf die glorreiche, wie auch sinnvolle Idee, hier bei Hugo eine Dentalreinigung zu machen. Hidalgo ist schon gepackt, wir wollen am folgenden Tag abfahren. Schlaue denken jetzt sicher, wieso das nicht gleich zu Anfang, mit dem 1. Termin von Felix gemacht wurde? Wie war, findet der Dentista bei Franziska doch tatsächlich einen völlig durchgebrochenen Stockzahn, der auch nur noch mit einer Krone zu retten ist. Also alles noch einmal von vorne.

    Da SMA für viele Amis gleichbedeutend ist wie für die Deutschschweizer Ascona im Tessin, ist es kein Wunder, dass über 12‘000 dieser speziellen Spezies hierher ausgewandert sind und wir einige davon kennen lernen. Ein paar ganz tolle, die Freunde werden und einige,….na ja. Wir werden zu privaten Partys, Konzerten, Bars eingeladen oder verwöhnen sie mit Swissfood bei uns. Der absolute Höhepunkt ist ein Blueskonzert in der Cityhall. Zwei Bluesformationen erwarten uns, doch werden in der Pause nur die Leadsänger ausgetauscht. Was wir da zu hören und sehen bekommen ist das wohl Grauenhafteste, was man sich nur vorstellen kann. Ein schon in die Jahre gekommenes Ami Ehepaar, das in USA bestimmt niemals vor Publikum auftreten dürfte ohne auf der Stelle standesrechtlich erschossen zu werden, tobt sich hier aus. Er, ein grosser, hagerer, stimmloser Spastiker, der aussieht wie ein Clown ohne Schminke tänzelt zu seinen völlig falschen Gitarrenklängen so was von taktlos auf der Bühne herum, dass wir meinen, an einem Sirtakikonzert zu sein. Sie, einer alten Las Vegas Glamourlady gleich, versucht sich als Janis Joplin. Weit über das hohe C hinaus kreischt sie uns ihre Versionen von Fever und Mustang Sally entgegen. Wäre das alles ungewollt nicht nur urkomisch und schrill gewesen, hätten wir fassungslos den Konzertsaal verlassen müssen. Das werden wir nie mehr vergessen.

    Viel Zeit verbringen wir auch mit Bummeln durch die Stadt, oder mit einer grossen Wanderung ins Naturreservat, El Charco del Ingenio. Ganz toll sind die Abende auf der Plaza vor der Kathedrale. Vor allem am Samstagabend ist hier der Bär los. Diverse Mariachigruppen spielen auf. Für ein Trinkgeld spielen sie den gewünschten Song, so für uns das berühmte Guguruguguuuu. Es wird gesungen, getanzt, gegessen oder einfach nur geguckt. Egal was, es herrscht Lebensfreude pur. So vergeht die Zeit im Fluge und wir merken kaum, dass wir bereits über einen Monat hier sind.

    Link zu unserem Mariachifilm auf youtube

    Ja und ab jetzt ist irgendwie der Wurm drin. Vom 90- minütigen Mund aufsperren beim Ausbohren ihres Zahns, bekommt Franziska eine mehrtägige Migräne, gefolgt von einer Blasenentzündung. Auf dem Weg zur Besserung schlägt „Montezumas Rache“ bei Felix im wahrsten Sinne einfach nur durch. Natürlich findet es Franziska langweilig, ihren Mann so leiden zu sehen und entschliesst sich, es ihm gleich zu tun. Himmel, sind wir froh, nicht unterwegs zu sein. 4 Jahre zum Teil in den unterentwickeltsten Regionen der Welt haben wir alles gegessen und getrunken und haben langsam geglaubt, immun gegen alles zu sein und nun das hier. Grauenhaft!

    Die Blasenentzündung hält an und der Durchfall wird schlimm und schlimmer. Mit Müh und Not schafft es Franziska uns literweise Elektrolytdrinks zu kochen und wir entschliessen uns, einen Arzt auf zu suchen. Ja, und da dieser Mann offenbar sein Handwerk versteht, deutsch spricht und wir schon seit Jahren keinen Arzt mehr gesehen haben, gibt es nun bei uns beiden einen richtigen, grossen Checkup. Zum 3. Mal verschieben wir nun unsere Weiterfahrt und planen ab sofort überhaupt nichts mehr.

    Ein 10-seitiger Laborbericht bestätigt: Wir sind kerngesund! Gott sei Dank. Und den gefundenen Bakterien wird auf der Stelle mit Medikamenten, Goliath gegen David gleich, der Garaus gemacht. Da eine solche Tortur von erkranken und wieder gesunden, erbarmungslos so ziemlich alles an vorrätiger Energie dem Körper entzieht und es uns hier wirklich gefällt, entscheiden wir uns für das einzig Richtige. Wir bleiben bis zum Abflug von Franziska hier. So geschwächt hätten wir eh keine Chance die beiden geplanten 4 – Tausender östlich von Mexico Stadt zu erklimmen. Die stehen ja Ende September auch noch dort. Zudem ist dann die Wahrscheinlichkeit viel grösser, die Gipfel trockenen Fusses zu erreichen.

    Hasta luego.

    Zur Galerie Mexiko 3

    Posted by franziska @ 1:20

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