Durch den Westen des zweitgrössten Lands der Welt, 8.5. – 23.5.2014
Die Grenze bei Abbotsford haben wir schnell hinter uns. „Führen Sie Waffen mit? Oder irgendwelche Bären- Verteidigungsdinge wie, Revolver, Bärenspray, Knallfrösche und so?“ Wir müssen nicht einmal aussteigen und Hidalgo wird auch nicht kontrolliert. Wow!
Es ist der 8. Mai und wir haben eben von unserem Freund in Alaska erfahren, dass unsere Expedition zur Beaufortsee am Nordpolarmeer am 9. Juni in Homer Alaska startet. Nicht gerade viel Zeit um dieses gigantische Land, das zweitgrösste hinter Russland mit aber nur 34 Millionen Einwohnern von Süd nach Nord zu durchqueren. So sind wir froh, eigentlich nur zwischen 2 Strassen die nördlich führen wählen zu müssen. Mehr gibt es nicht.
Wir beschliessen, uns links zu halten. Nach Vancouver über Whistler und Lillooet zum Cariboo Highway. In Prince George links auf dem Yellowhead Hwy nach Terrace, über Rosswood rauf zum Cassiar Hwy und in Watson Lake auf den Alaska Highway. Ohne Umwege läppern sich so an die 3500 km zusammen und richtig geraten, wir machen Umwege und was für tolle.
Gleich hinter Whistler Mountain, dem Weltcup und Olympia Skiort, hört die Zivilisation abrupt auf und schon sehen wir unseren 1. Schwarzbären und so wird es nun bleiben. Ein paar kleinere Städtchen, einzelne Weiler, Indianerdörfer (First Nation People) und Farmen. Dazwischen unglaublich weite, unberührte Wildnis, genau wie wir es so sehr lieben. Nur zwischendurch sehen wir die kanadische Holzwirtschaft, wo ganze Wälder komplett gerodet sind. Da jedoch pro geschlagenem Baum, 2 neue gesetzt werden müssen, und dies nur in der Nähe der grossen Highways stattfindet, um möglichst schnell mit den Lumbertrucks die Holzfabriken zu erreichen, hält sich das schlimme Bild in Grenzen.
Dafür sehen wir wieder neue Viecher, wie viele Bären, Elche, Baumstachler, Füchse, Coyoten, Vielfrass, Murmeltiere, verschiedene Hörnchen und allerlei Federvieh. Nur die Wölfe, die Eisbären und den Bigfoot, einen Verwandten des Yetis aus dem Himalaya stehen noch aus. Macht die Sonne auch noch mit, ist es einfach immer nur der Hammer.
Zeitsprung zurück ins Jahr 2007, in die Flumserberge: Durch unseren Freund, den Chef von Stihl Schweiz, (Motorsägen und Forstmaterial und Hauptsponsor von Timbersports) lernen wir den zigfachen Schweizermeister, Europameister und beinahe Weltmeister als Sportholzfäller, Hermann Schönbächler kennen. Ein paar Jahre später in Südchile sehen wir per Zufall die SF-Sendung „uf u dervo“ wo eben dieser mitsamt Familie in die Wildnis von British Columbia auswandert. Klar werden wir die Schönbächlers, wenn mal dort oben, besuchen. Dass er, ja die ganze Familie zwischenzeitlich in der CH zu Kultfiguren geworden sind, haben wir keine Ahnung. Sie wurden und werden in Rosswood, in ihrem neuen Zuhause mitten im Wald richtig gehend überrennt. Ferienschweizer mit ihrem Mietwohnmobil wollen diese Familie live erleben. Um ein wenig Ordnung in das Ganze zu bringen, haben sich die Schönbächlers etwas ausgedacht. Jeder der hierher kommen will, muss dafür bei Haus und Hof ein wenig Hand anlegen. Sei dies Holz zu hacken, Scheiterhaufen zu stapeln oder sonst was.
Wir bauen mit Renate und Bruno, ebenfalls ein Schweizer Langzeitreisepaar, einen neuen Zaun ums Grundstück, zimmern ein Gästeplumsklo, setzen Lauch und anderes Gemüse und spielen mit den Kindern. Felix bekommt obendrein noch einen speziellen Job. Er zeigt Hermann, wie der seinen ersten geschossenen Schwarzbären ausbeinen und zubereiten kann.
Im Gegenzug lernt Felix beim Bäume fällen, wie man eine Axt richtig in die Hand nimmt und Franziska von Christine, wie man auf die Schnelle Trockenfleisch herstellt. Der Bär schmeckt vorzüglich und wir haben alle grossen Spass zusammen, inklusive Familienanschluss. Wir überlegen uns sogar, ob wir im Winter 2, 3 Monate hier verbringen wollen. Holz zu hacken gäbe es noch genug. Jedoch hat dieser Holzfäller Hermann nicht in der Sahara trainiert? Eben! Da wächst kein Baum mehr.
Weiter geht’s dem Cassiar Highway folgend hinauf gen Norden. Perfekte Strassen, wir sehen oft stundenlang kein anderes Fahrzeug, nur Schwarzbären. Die Feriensaison hat noch nicht begonnen. Deshalb machen wir einen Abstecher an den Pazifik, nach Steward. Dort über die Grenze nach Hyder, Alaska, USA. Ein kleines, trostloses Nest, das sonst nur mit dem Schiff durch den Fjord zu erreichen ist. Warum die Grenze zu diesem Teil von Alaska so komisch an Kanada gebunden ist, haben wir noch nicht heraus gefunden. Im Spätsommer erwacht dieses Kaff für wenige Wochen zu einem Touristenmagnet erster Güte. Hier kann man die Grizzlys beim Lachs fangen beobachten und sich selber als Angler versuchen.
Wir wollen hinauf zum Salmon Gletscher, müssen aber feststellen, dass die Strasse nur bis zum Elektrizitätswerk schneefrei geräumt wurde. Es fehlen noch gute 10 km bis man den Gletscher vor seinen Füssen hat. Also Schneegamaschen montieren und ab im matschigen Frühjahrsschnee die Strasse hoch. Wir haben in letzter Zeit schon viel über wilde Bären gelernt, so z. B. soll man, um sich anzukündigen und die Bären in die Flucht zu schlagen, viel Lärm machen. Wir singen bis zur Heiserkeit oder schlagen die Wanderstöcke gegeneinander. Die bis jetzt gesehenen Schwarzbären der letzten Tage hätten wir mit unserem Geschrei bestimmt weit vertrieben. Nun aber bei km 7.2 kurz vor dem Ziel, sehen wir etwas ganz Anderes: Grizzly Spuren, und zwar mehrere. Frische, riesengrosse Tatzenabdrücke, ja auch die bis 10 cm langen Krallen sind tief im Schnee gezeichnet. Daneben beinahe noch dampfende, mehrere Kilohaufen Bärenkacke. Wir doofen Touristen, dehnen es verboten ist Bärenspray nach Kanada oder Alaska einzuführen oder gar eine Waffe zu erwerben, die glauben die Grizzlys sind weit unten in den Tälern, ja dehnen ist die Lust am Wandern vergangen. Diese Grizzlys sind eben erst aus dem Winterschlaf erwacht und vermutlich ein wenig hungrig. Unser Gesang auf Maximum gedreht und auch immer wieder zurückblickend erreichen wir Hiddy ohne Bärensichtung. Hat trotzdem Spass gemacht. Jedoch wollen wir uns nun einen Bär Banger organisieren. Eine Art Schreckschussstift, der einen ohrenbetäubenden Knall abgibt und alle Bären schnell vertreiben soll. Denn in unserer Bärenfibel steht im letzten Abschnitt:
Wenn ein OFFENSIVER Bär angreift, wehren sie sich mit all ihrer Kraft. Verwenden sie jede erdenkliche Waffe in ihrer Reichweite. Jetzt haben sie es mit einem beutegierigen Bären zu tun, der sie fressen will. Richten sie ihre ganze Aggressivität auf das Gesicht, die Augen und die Nase des Bären. Geben sie nicht auf! Sie kämpfen um ihr Leben!
Es steht aber auch zu Beginn: Glücklicherweise sind die meisten Zusammentreffen von Mensch und Bär nicht dramatisch. Meist geht der Bär dem Menschen aus dem Weg, ohne dass der Mensch den Bären wahrnimmt.
Um zurück nach Steward zu kommen, müssen wir durch den kanadischen Zoll. Die Amis haben diese Grenze schon lange aufgegeben da sinnlos, jedoch nicht die Kanadier. Die Tante vom Zoll will wissen ob wir in Hyder Drogen, Waffen, und dergleichen gekauft haben. Felix fragt mit einiger Ironie zurück, ob es denn möglich wäre in diesem Drecksnest sowas zu kaufen??? Wir hätten nicht einmal Milch gefunden!!! Falsche Frage. Zu zweit nehmen sie uns Hidalgo auseinander, während wir in einer Ecke stehen müssen und uns nur noch wundern. Zuletzt will sie noch neue Bankauszüge von uns sehen. Ob wir es uns leisten können, 6 Monate in ihrem Land zu verweilen. Wir halten unsere Klappen, machen nach Vorschrift und denken; die muss wohl hierher strafversetzt worden sein. Nach bald 5 Jahren reisen durch 46 Länder, erleben wir hier in Kanada diesen schikanösen Grenzübertritt. Dazu an einer Grenze die sinnlos ist, da man in Hyder nicht weiter kommt, es nur eine Strasse gibt und man zwingend wieder den gleichen Weg zurück muss. Die haben uns auch gesehen, als wir vor wenigen Stunden durchgefahren sind.
Das Tal hinauf und zurück zum Cassiar Highway ist wieder atemberaubend schön. Rechts züngeln die Gletscher bis runter ins Tal, wilde Flüsse, liebliche Seen, Birken- und Nadelwälder, dazwischen grüne Matten, wo die Schwarzbären friedlich grasen. Und komischerweise sehen wir hier oben immer noch viele Kolibris. Warmer Gegenwind und kein Verkehr. Überall finden wir gratis Schlafplätze, einer schöner als der andere. In Vancouver waren die Nächte noch 9 Stunden dunkel. Jetzt hier oben nur noch 5, 4, 3, und schon bald wird es hell bleiben.
In Dease Lake wagen wir einen 250 km Rumpelpisten Abstecher nach Telegraph Creek. Der Stikine River hat einen 100 km langen und bis zu 300 m hohen Canyon gegraben und trifft sich hier mit dem Tuya River. Unterwegs passieren wir einige First Nation Siedlungen. Auf dem Alaska Highway bestaunen wir in Watson Lake den berühmten Schilderwald. Aus der ganzen Welt haben Touristen Ortstafeln oder Autonummern mitgebracht.
Letzter Abschnitt auf dem Alaska Highway. Da bewegt sich was im Busch. Unser erster Grizzly macht uns seine Schau und wir sitzen auf dem Hiddydach und schiessen Fotos. Wie zuvor auch schon von den Elchen oder dem Weisskopfseeadler oder dem lustigen Baumstachler.
British Columbia und der Yukon gefallen uns mehr als gut. Die riesigen Wälder, dazwischen unzählige Flüsse und smaragdgrüne Seen. Hinter den Wäldern die immer noch tief im Schnee liegenden und vergletscherten Berge. Wildtiere, die von uns beinahe unbeirrt durch die Büsche streifen und wild-romantische Übernachtungsplätze von unbegrenzter Zahl. Im Herbst sind wir wieder in dieser Gegend, mit definitiv viel mehr Zeit. Wären die Preise hier in Kanada nicht so unverschämt hoch (1l Mich = CHF 3.-), es wäre unser Camper-Paradies.
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