• 12. April. 2010 /  Europa, Griechenland

    In Githio bleiben wir schlussendlich 13 Tage. So haben wir Zeit ein wenig Kultur, Land und Leute kennen zu lernen. Als Erstes steht der Nationalfeiertag auf dem Programm. Am 25.März gedenken die Griechen mit grossen Paraden der Befreiung von den Türken anno 1830. Wir erleben in vorderster Front wie sämtliche Schüler der Stadt in ihrer Schuluniform im Stechschritt am Freiheitsdenkmal vorbei schreiten und die folgende Kranzniederlegung der Offiziellen. Alles was irgendwo eine alte Uniform gefunden hat, wie Polizei, Armee, Kapitäne, Priester und Politiker nehmen daran teil. Die Plastikkränze wie auch die Akteure zelebrieren routinemässig diesen Akt. In kurzer Zeit ist es vollbracht und man geht wieder nach Hause.

     

    Ganz anders ist das Osterfest.  Ab 21.00 Uhr muss wohl jeder Grieche mindestens für einen Augenblick in die Kirche, um eine Kerze anzuzünden. Der Gottesdienst ist eine Nonstopshow bis 23.30 Uhr, da die Kirchen zu klein sind, um alle Einwohner auf einmal auf zu nehmen. So werden auch wir im Minutentakt durchgeschleust. Danach warten wir vor der Kirche bis das Licht ausgeht. Kurz darauf entzündet der Priester die grosse Osterkerze. Dann geht es erst richtig los. Die vorher beinahe menschenleere Stadt hat sich wie aus dem Nichts gefüllt. Jeder hat eine Kerze bei sich und gibt das vom Priester empfangene Licht einem anderen weiter. Die Priester fahren mit ihren Sprechgesängen auf dem Dorfplatz fort. Aber es herrscht nicht etwa eine ergriffene Ruhe. Nein, laute, sehr laute Knaller und Feuerwerkskörper werden entzündet, so laut, dass sogar von einer Druckwelle die Kerzen ausgeblasen werden. Anschliessend steigen alle gleichzeitig in ihre Autos und fahren mit den brennenden Osterkerzen nach Hause. Der Ostersonntag steht ganz im Zeichen der Familie und dem am Spiess gebratenen Lamm. Auch wir werden ganz spontan herzlich dazu eingeladen. Gastfreundlichkeit, Essen und Alkohol im Überfluss. Wie schaffen wir das bloss, keinen Alkohol trinken zu müssen, ohne beleidigend zu sein?

     

    Zwischen diesen Festtagen unternehmen wir mit Hidalgo einen Ausflug nach Monemvasia, der im Mittelalter wichtigen Hafenstadt auf dem östlichsten der drei Finger des Peleponnes. Am Fusse eines gewaltigen Felsens erstreckt sich die Unterstadt mit vielen byzantinischen Kirchen, kleinen Gassen, hübschen Plätzen und einladenden Tavernen. Danach wandern wir steile Treppen hoch zur Oberstadt. Auf dem ganzen Berg sind Ruinen von Zisternen, Kirchen und Häusern verteilt. Wir geniessen die spektakuläre Aussicht auf die Dächer von Monemvasia und das Meer.

     

    Und wieder einmal erleben wir, wie unser Hidalgo seine eigene Fangemeinde anzieht. Rolf ist ehemaliger Toyotaimporteur und absolut begeistert von Hiddy. Mit einem „Grüeziwohl“ und gwundrigen Blicken macht er sich bemerkbar. Natürlich zeigen wir ihm und seiner Frau Brigitte sehr gerne unser Zuhause. Überraschend sind wir schnell in ganz persönliche Gespräche vertieft. Lieber Rolf, liebe Brigitte, wer weiss, vielleicht besuchen wir euch ebenso überraschend in eurem Zuhause im Bündnerland.

    In diesen zwei Wochen in Githio bekommt Hiddy ein grünes Badezimmerfenster und seine Wehwehchen werden mit Rostumwandler behandelt. Auch der Laptop braucht einen Doktor. Philipp, Sohn und Informatikverantwortlicher in einer Person, schickt uns das Outlook (der Brief ist sageundschreibe in 2 Arbeitstagen bei uns!) und hilft by skype bei der Neuinstallation.

     

    Und da noch etwas, das uns beschäftigt hat: In der ganzen Region hängen die Orangenbäume voller überreifer Orangen bzw. verfaulen die Orangen tonnenweise auf dem Boden. Gleich daneben im Restaurant kostet der frische Saft 3 Euro! Zudem fällt der hier schreibenden Heilpädagogin auf, dass die bleichen und kränklich aussehenden griechischen Kinder dringend Vitamine brauchen!

    Nun wird’s aber Zeit, wieder Altertümer anzusehen. Die Akustik des fast vollständig erhaltenen antiken Theaters in Epidavros ist wirklich erstaunlich. Wir hören auf dem obersten Rang sitzend tatsächlich die kleine Münze, die eine Reiseleiterin auf den Marmorboden fallen lässt.

     

    Nach der Fahrt über den Kanal von Korinth und einer windigen Übernachtung bei Loutraki machen wir etwas Aussergewöhnliches. Für einmal umfahren wir die Hauptstadt des Landes nicht und stürzen uns in Athen ins Gewühle, bezahlen sogar 28 Euro für einen Campingplatz. Wie alle anderen kraxeln wir auf die Akropolis, spazieren in der Altstadt und fahren mit der Metro nach Piräus. Leider war der Parthenon im Renovationsgerüst und auch alle anderen Bauwerke waren irgendwie mit Metallteilen verschandelt. Ist ja auch kein Wunder, wenn man bedenkt, was die Gemäuer schon alles hinter sich haben. In der Zeit, in der ich sogar für einmal ins Museum gehe, wetzt Felix durch die halbe Stadt, um das alte Olympiastadium der Neuzeit zu fotografieren.

      

    Mit Brummschädel von Lärm und Hektik dieser 4 Millionenstadt kommen wir nach einer langen Tagesetappe in Kalambaka bei den Meteoraklöstern in Zentralgriechenland an. Hier kann das Bergsteigerherz wieder einmal richtig jubeln. Sogar 007, alias James Bond, hatte nach einem ca. 100m Freifall ins Seil immer noch Freude die Wand wieder hoch zu klettern. Die fast 300m senkrecht aus der Ebene herausragenden, dunkelgrauen Felstürme sind durch Erdbeben und Erosion entstanden. Darauf wurden im 14. Jhd. 24 Klöster errichtet, um Gott näher und vor ungebetenen Gästen sicher zu sein. Heute sind wir willkommene Gäste, sofern wir Frauen Röcke tragen und die Männer lange Hosen. Wir nehmen uns auch wirklich viel Zeit und lassen uns von der einzigartigen Atmosphäre berühren.

     

    Über Deskati, Elassonal, zum leider wolkenverhangenen Olymp. Gerne wären wir auf den Götterhimmel gestiegen, um Zeus persönlich unsere Aufwartung zu machen. Aber der höchste Berg Griechenlands mit 2900m ist bis Mitte Juni stark im Schnee vergraben und Zeus heute sowieso schlechter Laune. Nach Katerini, Thessaloniki, dem Lake Koronia und Lake Volvi entlang alles auf der Autobahn bis Alexandroupoli kurz vor der türkischen Grenze. Hier informieren wir uns ausführlich im Internet über die anstehenden Länder. Türkei, Bulgarien, Rumänien, evt. Ukraine sind die nächsten Destinationen. Und immer wieder diskutieren wir, ob wir wohl besser direkt in die Schweiz fahren, da sich das Mami von Felix nach einer Knieoperation nicht mehr richtig erholen will. Da wir sie bei Lela und Ronny in besten Händen wissen, beschliessen wir, unsere Reise vorläufig fortzusetzen.

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