• 19. Juni. 2010 /  Europa, Norwegen

    Norwegen, ein Land zum Verlieben! Wir bereisen die Finnmark im Norden und die Vesteralen und Lofoten im Nordwesten. Überall Natur pur mit vielen verschiedenen wildlebenden Tieren und trotz arktischer Kälte, Schnee, Eis und viel Polarwind bleiben wir 18 Tage. Wer uns gut kennt, weiss was das bedeutet.

    Unser erstes Ziel ist Jakobselv, nordöstlichster Punkt Europas, an der Barentsee, direkt an der russischen Grenze. Im absolut unzugänglichen Niemandsland werden wir von 50m hohen Wachtürmen mit starken Fernrohren 24 Stunden überwacht. Vermutlich genau deshalb gelüstet es uns, einen Schritt über die Grenze zu machen.

    Hier soll es Belugawale (das sind die weissen) geben. Es windet bitterkalt, regnet und schneit. Doch Felix trotzt der Kälte und angelt… und brutzelt zum Abendessen in Winterausrüstung am Feuer Poulet. Da auf diesem Breitengrad kein Baum mehr wächst, haben wir das Holz dazu von Finnland importiert.

    Ohne die Wale gesehen zu haben, machen wir uns auf zur russisch-norwegischen Forschungsstation für Königskrabben in Bugøynes. Ein freundlicher, perfekt englisch sprechender Russe führt uns stolz durch die Anlage.

    Und nun immer nördlicher! Auf dem Weg nach Berlevåg beobachten wir in Kongsfjord, wie 2 Fischer Tausende von Dorschen immer zwei zusammengebunden an Holzgerüsten aufhängen. Etwa drei Monate bleiben sie hier zum Trocknen, bevor sie verkauft werden. Sie können jahrelang gelagert werden. Die Köpfe reisen bis nach Nigeria, um dort zu Suppe verkocht zu werden. In Norwegen werden die trockenen Fische drei Tage im Wasser aufgeweicht und dann wie frischer Fisch weiterverarbeitet. Schon die alten Wikinger hatten diese Art Fische als Vorrat dabei und handelten damit. Wir haben wohl etwas Fisch an unseren Crocs, jedenfalls stinkt‘s im Hiddy bestialisch!

    Leider hat‘s auf der Varangerhalvøya noch zu viel Schnee und die Piste nach Molvik ist gesperrt. Entschädigt werden wir aber von einem putzigen Fischotter, der uns zeigt, wie herrlich das freie Leben in Norwegen ist.

    Um nicht bis Tana bru zurück fahren zu müssen, entscheiden wir uns spät abends auf die Fähre der Hurtigruten zu warten und auf den nächsten Küstenfinger nach Merhamn zu schippern. Es gibt kein Büro, niemand verkauft uns ein Ticket und niemand weiss genau, wann die Fähre kommt. Es soll ca. 22.30 Uhr sein, je nach Wellengang.So warten wir ganz allein am Pier. Tatsächlich um 23.15 Uhr sehen wir das schöne Schiff am Horizont auftauchen. Wir machen uns bereit. Der Kapitän öffnet auf der Seite eine Luke, ein Gabelstapler ladet Waren ein und wir….stehen einfach blöd rum. Wie soll das gehen? Warum kümmert sich niemand um uns? Des Rätsels Lösung: Es ist keine Camperfähre. Trotzdem hätten sie uns mitgenommen, wenn der Wasserstand nicht zu tief wäre, somit die Luke ganz geöffnet werden könnte, es eine höhenverstellbare Rampe gegeben hätte oder unser Hidalgo nicht so hoch wäre. So fahren wir eben die 150km zurück.

    Die Fahrt nach Gamvik, 71 ̊05̕ 33̕ ̕ (Für uns die nördlichste Station, da wir das zu touristisch vermarktete Nordkap umfahren werden.)über den von Osten her zweiten nördlichen Finger von Norwegen, die Nordkinnhaløya, lohnt sich auf alle Fälle. Malerische Pässe und Hochebenen jenseits der Waldgrenze und viele Rentiere, Fischotter und Seeadler, brütende Schmarotzerraubmöwen, kaum andere Menschen. Wir unternehmen warm verpackt mehrere Wanderungen und finden Rentiergeweihe.

    Der schönste Tag ist bestimmt Felix’ Geburtstag. Am Hopsfjorden haben wir endlich Anglerglück. Mit je zwei Seelachsen wird unsere Geduld belohnt. Es gibt frische Fischknusperli zum Znacht und danach Mitternachtssonne zum Hochgenuss. Dass es die ganze Nacht hell bleibt, daran haben wir uns schon fast gewöhnt, dass die Sonne aber um Mitternacht etwa eine Handbreite über dem Meer wieder zu steigen beginnt, ist schon sehr speziell. Und auch um 01.30 Uhr bei hellstem Sonnenlicht ins Bett zu gehen.

    Absolut zufrieden und mit vielen romantischen Bildern gesättigt zurück nach Ifjord, dann über unberührte, wilde Natur, die immer grüner wird, nach Lakselv. Bei den vielen Kilometern, die wir hier im Norden um Fjorde fahren, bleibt uns nichts anderes übrig, als in Norwegen zu tanken, bei einem Diesel- Literpreis von sage und schreibe 2.28Fr. Auch sollten wir dringend die Reifen auswuchten. Norwegische Pneuheinis wollen dafür aber 200Fr! Sogar der Einkauf von Lebensmitteln tut dem Portemonnaie weh und ein Päckchen Zigi kostet 15Fr. Zum Glück hat sich Felix in der Ukraine damit eingedeckt. Trotzdem wieder bestens ausgerüstet steuern wir auch den 4. Finger der Finnmark an. Über die Porsangerhalvøya geht’s nordöstlich zum Nordkap, für uns aber nordwestlich nach Havøysund, einem der grössten Fischerdörfer hier im Norden. In der Fischfabrik werden Dorsche halbmaschinell verarbeitet und für den Export verpackt. Im Offenverkauf im Dorf sind sie für uns unverständlicherweise immer noch sehr teuer. Wie auch der geräucherte Lachs vom Fischer direkt. In der Migros kostet dieser höchstens die Hälfte. Schade.

    Da es leider einfach nicht wärmer werden will, verlassen wir den Norden und fahren in unüblich langen Tagesetappen via Finnland und Schweden wieder zurück nach Norwegen auf die Vesterålen. Unterwegs grillieren wir endlich die litauischen Cervelats (ungeniessbar!), kaufen in Karesuando Rentierkoteletts ein (superlecker!) und bleiben einen Tag am gefrorenen Torne-Träsk, einem grossen Bergsee in Schweden. Auf dieser Etappe können wir auch endlich einen Elch aus nächster Distanz und lange Zeit bewundern und fotografieren.

    Die Vesterålen, eine Inselgruppe im Nordwesten steuern wir nur aus einem Grund an: dort entlang verläuft der Bleik Canyon, das Nahrungsgebiet der Pottwale von Mai bis September. Für einmal mischen wir uns unter die anderen Touristen, melden uns auf der Walforschungsstation in Andenes zur Expedition an und warten auf besseres Wetter. Auch als sich die See beruhigt hat, schaukelt der Kahn heftig und trotz Pillen ist für viele die 4 stündige Walsafari ein Graus. Wir stehen die ganze Zeit zuvorderst an der Reling und werden mit Eindrücken der Superlative belohnt. 7 Pottwale zeigen sich direkt vor unserer Nase. Ein Männchen nach dem andern (die Weibchen bleiben im Süden) gondelt wenige Minuten dahin, um danach für 30-40 Minuten ca. 1800mabzutauchen, uns dabei die mächtige Fluke zeigend. Ein Wal ist bis zu 70 Tonnen schwer und frisst täglich etwa 1 Tonne Fisch und Calamares. Es gibt noch 360`000 Pottwale weltweit und alle Wale zusammen fressen pro Tag gleich viel Fisch wie wir Menschen. Uns erstaunt immer mehr, dass es überhaupt noch Fische gibt.

    Um viele Fjorde herum und durch einige Tunnels, einer sogar unter dem Meer hindurch, landen wir auf den Lofoten, einer weiteren Inselgruppe, die für ihr mildes Klima bekannt ist. Wir spazieren durch Henningsvær, ein sehr altes Fischerdorf und bleiben auf einem kleinen Campingplatz. Anderntags besteigen wir den Aussichtsberg Hoven und können nochmals das besondere Licht der Mitternachtssonne bewundern.

    Wie überall im Norden von Norwegen begeistert uns diese gewaltige Landschaft. Zwischen steilsten Klippen ein kleiner, weisser Strand. Zuoberst auf einem felsigen Bergrücken ein Moor. Schneebedeckte Hochebenen mit kristallklaren Wildwassern, Wasserfällen und Seen. Flechten bewachsene Tundra mit kleinen Blumeninseln dazwischen. Das Ganze in ein Licht verpackt, das es wohl nur hier oben gibt. Wahnsinn!

    Leider regnets bald schon wieder. So ist für einmal ein Museumsbesuch angesagt. Im Wikingermuseum ist ein Häuptlingshaus aus der Eisenzeit samt Inneneinrichtung rekonstruiert worden und eine kompetente deutsche Führung gibt einen guten Einblick in Handwerk und tägliches Leben der Wikinger.

    Mit der Fähre von Svolvær nach Skutvik zurück aufs Festland, danach etwa 200km südlich nach Saltstraumen, ein Geheimtipp für Fischer. Saltstraumen = Salzströmung, hier soll die grösste Gezeitenströmung Europas sein. Sie ist wirklich beeindruckend. Ein Fjord in der Grösse des Bodensees entleert sich bei Ebbe durch einen nur 50m breiten Durchgang. Riesige Wassermassen in reissender Strömung kommen plötzlich zum Stehen und wenden sich danach auf die andere Seite. Und eben in diesem Moment kommen alle Fischer. An jedem Meter Ufer werden die Angeln ausgeworfen und wir mitten darin. Wir bekommen einen regelrechten Fischrausch und mit 11 Seelachsen im Kessel müssen wir uns um 24.00 Uhr zwingen aufzuhören. Wer soll dies alles essen, wir haben ja keinen Gefrierschrank. Felix schneidet Filets, die wir die nächsten Tage grillieren oder mit etwas Butter, Zwiebeln, Weisswein und Rahm pochieren. Festessen!

    Läge Norwegen auf dem Äquator J und wäre nicht alles soo teuer, würden wir noch lange bleiben. Da dem aber nicht so ist, bewegen wir uns Richtung Schweden. Wir brauchen ein sonniges Fleckchen, um ohne Faserpelz draussen zu sitzen und einige Tage zu bleiben.

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