• 14. April. 2013 /  Guatemala, Mittelamerika/Mexiko

    Osterwoche, 24.3. – 14.4.2013

    Gute Idee, die Semana Santa (heilige Woche = Osterwoche) in Antigua, der ehemaligen Hauptstadt von Guatemala zu verbringen. Dieses Spektakel zu verpassen, wäre echt schade gewesen. Doch fangen wir vorne an.

    Da es nach der Grenze im Tiefland so unerträglich heiss ist, fahren wir bis Guatemala City (1500 müM) durch und parken für die Nacht mit bester Aussicht auf die moderne Megacity neben dem Helilandeplatz des Cabaña Suiza. Nun sind es nur noch 30 km bis Antigua, wo wir auf dem grossen, hässlichen Areal der Touristenpolizei schon von vielen anderen Campern erwartet werden.

    Der Regierungssitz wurde noch während der Kolonialzeit von Antigua nach Guatemalastadt verschoben, da mehrere heftige Erdbeben die Stadt regelmässig zerstörten. Viele Ruinen, vor allem die von Kirchen zeugen noch heute davon. Trotzdem stehen in der kleinen Stadt mit ihren ca. 50‘000 Einwohnern immer noch über 30 Kathedralen. Doch genau darum ist man jetzt hier. Jedes Gotteshaus hat seine Kirchgemeinde und jede Gemeinde richtet eine eigene Osterprozession aus. Den Rahmen dafür bietet die hübsche Kolonialstadt, umgeben von den Vulkanen Agua (3766), Fuego (3763) und Acatenango (3976) in perfekter Manier. Der Fuego ist übrigens einer der aktivsten Vulkane überhaupt und spuckt mehrmals täglich gigantische Asche- und Lavawolken aus.

    Bereits am Palmsonntag geht es los. Die erste der unzähligen Prozessionen schaukelt sich langsam durch die Gassen. Auf riesigen, bis zu 4 Tonnen schweren und gegen 20 m langen Plattformen (sehen aus wie übergrosse Sargdeckel) sind verschiedene Szenen mit Madonna- und Jesusstatuen. Letzterer trägt immer in Gold, Samt und Seide gehüllt auf seinem Leidensweg das Kreuz. Bis zu 152 Träger braucht so ein Teil, um in einem ganz speziellen Rhythmus hin und her schaukelnd bis zu 12 Stunden am Stück „Das Kreuz“ zu seiner Kirche zu tragen. Die Träger müssen viel bezahlen und die richtige Grösse und Glück haben, um überhaupt dabei sein zu können. Das Eigentümlichste, aber auch das Schönste bei dieser Geschichte sind die Teppiche, über die die ganze Prozession schreitet. Die zum Teil wunderbaren Kunstwerke werden von der Bevölkerung in stundenlanger Arbeit aus gefärbtem Sägemehl und Holzspänen gestaltet und mit Blumen und Früchten verziert. Die Vorhut einer jeden Prozession sind immer die Weihrauchschwenker und der Abschluss eine Blaskapelle, die Nonstop ein schwermütigeres Lied nach dem Anderen spielt. Die Musik allein lässt schon mal Suizidgedanken aufkommen und von dem Weihrauchqualm werden wir ganz high. Der Höhepunkt aller Festzüge ist derjenige am Karfreitag. Morgens um 04.00 Uhr, die Stadt überfüllt mit Menschen wie am Morgenstreich in Basel, zieht der Tross wehklagend und qualmend bis abends durch die Gassen, unterbrochen nachmittags um 14. 00 Uhr durch die nachgestellte Kreuzigung. Ostersonntag, die eigentliche Auferstehung, oder bei vielen ein Fest der Freude, läuft dagegen eher ruhig ab. Irgendwie wollen hier die Menschen oder besser gesagt die katholische Kirche lieber leiden als frohlocken. Die Umzüge sind viel kleiner, kaum mehr Zuschauer an den Strassen, kein Freudentaumel. Auch die Podeste sind viel kleiner geworden. Jesus hat nun anstatt des Kreuzes einen Heiligenschein, die traurige Blasmusik ist durch Keyboard und singende Gemeindemitglieder ersetzt und die jungen Männer lassen tonnenweise Knallkörper explodieren.

    Das befürchtete 7 Tage, 24 Stunden Musik- und Lärminferno blieb völlig aus. Bis auf die wenigen Blaskapellen, die auch des Nachts hinter den Prozessionen durch die Gassen streiften, war es von 22.00 Uhr bis zum frühen Morgen still.

    Auch wenn wir schlussendlich ein Prozessionsburnout hatten, das muss man von Guatemala einfach gesehen haben. Toll!

    In der prozessionslosen Zeit näht Franziska mit den herrlich bunten, lokalen Stoffen, die sie am Markt ergattert hat, neue Sitzflächen für unsere alten Klappstühle und bäckt  Brot und Zopf am Laufmeter.

    Zum Ostersonntag organisieren wir alle zusammen einen ausgiebigen Brunch und jeder steuert etwas dazu bei. Nur das ältere, durchgeknallte Paar aus Texas wollte niemand dabei haben. Diese leben in ihrem Wohnwagen mit einer Dogge, 2 weiteren kleineren Trottoirmischungen, 2 Kakadus und einem Papagei, die uns regelmässig am Morgen mit ihrem Gekreische wecken. Felix war einmal in dem Wohnwagen und wollte den Mann dazu bringen, nicht mit 60 km/h durch die anderen Camper zu rasen und allen Staub auf zu wirbeln. Das Gespräch fiel eher kurz aus, da er sich dem Geruch und der Sauerei nach, wie in einem Raubtierkäfig vorgekommen ist. Grausig!

    Die Traveller sagen sich nach dieser kulturellen Woche „Hasta luego“ und verteilen sich wieder in alle Himmelsrichtungen. Uns zieht es nach Westen, ins urtümliche Bergland mit seinen traditionellen Mayadörfern und den noch authentischen, farbenfrohen Märkten.

    Am Lago Atitlán, umrahmt von weiteren Vulkanen, auf einer grossen Wiese direkt am See gefällt es uns so gut, dass wir gleich noch einmal eine Weile bleiben wollen. Kaum haben wir Hiddy unter einem Baum parkiert, kommt schon der nächste Camper, der nächste und noch einer, und noch, und…! Am nächsten Tag sind wir schon wieder umzingelt von Deutschen, Österreichern, Schweizern und einem Polen. Hier treffen wir nun langsam auf die Reisenden, die entweder von Norden nach Südamerika fahren, oder aber nur den Norden bereisen und Guatemala als Wendepunkt nehmen. Wir staunen immer wieder, wie viele Langzeitreisende aus dem deutschsprachigen Raum unterwegs sind. Es macht aber auch immer wieder Spass, neue Amigos kennen zu lernen.

    Es macht aber keinen Spass, wenn aus einem Campingplatz ein Lazarett wird. Irgendjemand hat einen gemeinen Käfer eingeschleust und einer nach dem anderen fällt mit Grippe ähnlichen Symptomen für ein paar Tage aus. Nur Felix hat es bis jetzt noch nicht erwischt.

    Wir machen mit ÖV einen Ausflug zum Wochenmarkt in Sololá, paddeln mit einem Schlauchboot auf dem See, schlendern durchs Dorf Panajachel, wandern von Santa Cruz nach San Marcos, lassen uns vom Lancha (Boot) publico nach San Pedro und wieder zurück bringen und geniessen die kühlen Nächte.

    Einen Tag bevor wir weiter wollen, bekommt Hiddy eine grosse Wäsche und,…….. das Dachfenster ist, wie eigentlich schon erwartet undicht. Und nun bewahrheitet sich der Vorteil, wenn Langzeitreisende mit einem LKW unterwegs sind. Die haben einfach alles mit an Bord, ganze Werkstätten mit Ersatzteillagern kommen da zum Vorschein. Lothar zeigt seine Auswahl an Dichtungsmittelkartuschen und Erich startet schon mal seinen Mercedestruck, um die Druckluftpistole an zu schliessen. So können wir nun mit perfektem Sikkaflex die ganze Dachlucke neu verkleben. So oder so, das erste, was wir machen werden, wenn wir in die USA kommen, (ups, das kann ja noch eine Weile dauern) ist, das Fenster komplett neu einbauen zu lassen. Da sind noch weitere Teile, die unbemerkt kaputt gegangen sind und wir wollen wissen, ob das eingesickerte Wasser nicht noch grössere Schäden angerichtet hat.

    Langsam aber sicher zeigt unsere Kabine erste Abnutzungserscheinungen. Am Herd wurden bereits sämtliche beweglichen Teile ersetzt, der Gummi der Türfalle hat sich schon lange aufgelöst, die Gummiabdichtung der Türe ist gebrochen, verschiedene Ausstellscharniere der Fenster wurden ersetzt, die Toilettenspülung hat keine 3 Monate überlebt, (Gott sei Dank haben wir gleich daneben die Dusche) genau gleich lang wie die auf Garantie ersetzte hintere Differenzialsperre. Sämtliche Silikon- und andere Fugen innen und aussen wurden ersetzt. Wir haben den 2. Boiler, den 2. Thermostaten im Kühlschrank, den 2. Batterieregler. Beim Kühlschrank mussten wir einen Lüfter einbauen, damit die Hitze weg kann. Die Einstiegstreppenhalterung ist während der Fahrt abgerissen. Die Esstischhalterung wurde schon 3 x neu verleimt, da die Schrauben schon lange keinen Wiederstand mehr fanden.

    Aber…, wenn wir vergleichen, was andere Womos in so langer Dauerbelastung für Schäden aufweisen, sind wir mit diesen kleinen Ärgernissen noch zufrieden.

    So, nun genug geklagt über unser abenteuerliches Zigeunerleben, denn alle sind wieder gesund, wir wollen weiter.

    Mehr Bilder zu Guatemala 1