• 11. August. 2014 /  Alaska, Nordamerika

    Von Lachsen, Bären und wieder Lachsen, 25.6. – 7.8.2014

    Bärenfährten

    Das Timing zur Fischsaison stimmt exakt, wir sind zur rechten Zeit am rechten Ort. Um uns aufzuwärmen stehen wir am Spit, der Südspitze von Homer und werfen den 1. Haken aus. Der ist bestückt mit gekauften, imitierten Fischeiern. Sekunden später zappelt schon irgendein doofer, hässlicher Grätenfisch an der Angel. Der wird kurzerhand zerlegt, um als weiterer Köder zu dienen. Es funktioniert bestens und 40 Minuten später liegen 5 schon filetierte 50 cm Flundern in unserem Kühler. Hier in diesen Gewässern fängt man um diese Zeit aber eigentlich den Heilbutt und diesen in unglaublichen Stückzahlen und Grössen. Kürzlich hat hier ein Ami einen 250 kg Brocken herausgezogen. Weltrekord! Um an diese grossen Fische der Familie Plattfische (Seezunge, Flunder, Steinbutt usw.) zu kommen, müssen wir aber mit dem Boot hinaus aufs offene Meer. Louis Freund Dave hat so einen Kahn und wir sind eingeladen. Für 120 $ Benzingeld. Bei heissem Sommerwetter, wir stehen im T-Shirt an der Reling, zwischendurch tauchen Buckelwale neben uns auf, haben wir unser Limit von je 2 Halibuts bald erreicht. Schon einen 30 kg schweren Heilbutt aus 60 Metern Tiefe zu holen ist Schwerarbeit. Dave weiss, dass sich hier draussen auch die Silberlachse vorbereiten, die Flüsse hoch zu steigen, es sei aber nicht möglich, die mit Angeln zu fangen. Felix probiert es aus Langeweile trotzdem und Petri Heil, 4 wunderschöne Lachse, seine ersten überhaupt, zaubern ihm ein Lächeln von Ohr zu Ohr ins Gesicht.

    Heilbutt Wettfischen     Daves Boot

    Heilbutt     Felix & Louis

    Kaum zu Hause, also im Hiddy auf dem Parkplatz von Louis, können wir nun endlich selber, selbstgefangenen Lachs verarbeiten. Felix graved seine 4 Filets und Franziska räuchert ihre. Da Franzi ja keine Fischerlizenz gekauft hat, muss Felix um den Frieden zu wahren immer einen Teil abgeben. 🙂 Toll, sind Renate und Bruno, das nette CH-Paar, das wir in unserem Arbeitslager bei Schönbächlers in Kanada kennen und schätzen gelernt haben, zu uns gestossen. Sie haben in ihrem riesigen MAN-Truck, mit dem sie schon seit 14 Jahren durch die Welt tingeln, einen Tiefkühler. Beim Aufbruch zum Kenai und Russian River befinden sich nun schon einige kg Heilbuttfilet, 4 vakuumverpackte graved und 5 Tüten geräucherter Lachs im Kühler.

    Graved Lachs Franzis smoked Salmon das Resultat

    Ups, 3-mal täglich Fisch essen oder was? Denn an den oben genannten Flüssen geht es doch erst richtig los. Diese Flüsse gelten als die besten Lachsreviere überhaupt und an den Tausenden von Fischern, die sich in Reih und Glied aus aller Welt zum Combat-Fischen hier treffen, muss es wohl stimmen. Die Lachse (Kings – Chinook, Silvers – Coho, Reds – Sockeye und Pinks) starten ihre Reise zurück zum Geburtsort in die Flüsse und Seen in sogenannten Runs. Die meisten Flüsse erleben 2 – 3 dieser Runs zwischen Ende Juni und Mitte August. Beim Kenai River heisst das, es kommen 1,6 Millionen Fische auf die Angler zu. Die Sache erschwerend ist hier nur Fliegenfischen erlaubt. Auf ihrer Laich- und Sterbereise essen die Lachse nichts mehr, man muss also gezielt eine Fliege vor ihr Maul werfen, in der Hoffnung sie meinen die Fliege würde ihren Laich gefährden und schnappen kurz zu. Dies ist der Moment heftig zu ziehen. Ist der Haken im Maul verankert, beginnt der Kampf und der kann bei bis 20 kg Power pur ziemlich heftig sein. Verhakt sich die Fliege ausserhalb des Mauls, muss der Fisch wieder freigelassen werden.

    Steigender Pink Hilfe für Bären Kenai River

    Felix findet Plätze im Russian River, die er frühmorgens mit niemandem oder nur wenigen teilen muss, jedoch ist er dann auch allein im Bärenland. Bewaffnet nur mit Bärenspray und seinem Selbstvertrauen. Bei den Amis haben wir das Gefühl, sie ziehen in den Krieg. Ausnahmslos jeder ist mit einer 44er Magnum mit Nachlademagazin bewaffnet. Das Ziel definitiv überschritten hat ein Kerl mit einer Armee-Schnellfeuerwaffe.

    Achtung Ami     Rambo am Fischen

    Den jungen Schwarzbären, wir tauften ihn Charly, sehen wir immer wieder. Er trottet einmal nur 5 Meter hinter Felix dem Fluss entlang, würdigt ihn aber keines Blickes. Er ist froh, in Ruhe gelassen zu werden und sucht bloss seine Ration Lachse. Kommt er aber um die Ecke und trifft auf Amis, ist der Teufel los im Fluss. „Danger, the bear is coming“ schreien sie wild durcheinander, werfen die Angeln und den schon gefangenen Fisch weit von sich, greifen zu ihren Waffen und sammeln sich zu Gruppen. Der Bär, kaum grösser als ein Schäferhund, verzieht sich im Busch. Schon am nächsten Tag kommt Charly direkt hinter Franziska aus dem Gebüsch, schnuppert kurz und trottet gemütlich den Fluss hinunter. Ob das nun daran liegt, dass wir nicht in seine Futterkette gehören oder an dem neuen Deo von Franziska? Bestimmt ist jeder Ami mit entsicherter Waffe zigfach gefährlicher als dieser Bär, dessen Mutter vor ein paar Tagen von solchen Deppen abgeschossen worden ist. Hoffentlich übersteht er die Lachssaison und kommt durch den nächsten Winter.

    Charly     1. Red

    6 Nächte verbringen wir am Russian River und als Felix sich endlich eine extrem polarisierte Brille gekauft hat auch mit mehr Erfolg. Mit dieser Brille kann man wegen ihrer Entspiegelung durchs Wasser die Fische sehen und die Fliegen 100% genau platzieren. Der Sockeye-Lachs reicht wieder für ein Essen für vier und die andere Seite wird graved. Jamijami. Die Küchenchefin Franziska zaubert mit jedem neuen Fisch ein herrliches, variantenreiches Mahl auf unsere Tische.

    Viele Fischer verderben den Brei     Viele Fische, viele Fischer

    Zusammen ziehen wir weiter in die Bucht von Valdez. Wir suchen uns einen geeigneten Fluss, um den Bären beim Fischen zuzusehen. Beim Solomon River werden wir fündig. Ganz in der Nähe werden hier Pinks für die professionelle Fischerei und den Export in die ganze Welt gezüchtet. Wenn man also im Globus Wildlachs aus Alaska kauft, kommt der vermutlich von hier. Jährlich werden hier 230 Millionen Junglachse ins Meer entlassen. Zwei bis vier Jahre später kommen sie geschlechtsreif zum Laichen und Sterben zurück, finden aber dafür keinen Fluss oder See. Da sie im Meer ausgesetzt wurden und nicht im Süsswasser, schwimmen sie ab hier orientierungslos zu Millionen an der Küste entlang. Lachse laichen nur in Süsswasser. Die Flüsse in der Umgebung wurden künstlich für Fische gesperrt. Das macht sich die Zuchtfabrik wieder zu Nutze. Auf einer Fischtreppe schwimmen die Lachse direkt in die Fabrik aufs Förderband. Dort werden bei 135‘000 Weibchen der Laich abgestreift für die nächsten 230 Mil. Lachse und der Rest wird als Hundefutter eingedost. Alle, die von der Fischtreppe verschont bleiben, verenden ohne abzulaichen in meterhohen, kmlangen, stinkenden Wallen am Strand. Die, die in der CH auf dem Tisch landen, wurden schon weit draussen im Meer abgefangen. Wildlachs aus Alaska.

    Fischsuppe Die Lachszucht Fischzucht

    Ach ja: die Bären und im Wasser die Seelöwen, Otter und 1000de Möwen können sich hier so sehr sattessen wie nirgends sonst. Lange müssen wir aber warten, bis endlich Meister Petz seine Show zeigt. Jedes Tier hat seine eigene Methode die Lachse zu vertilgen. Speziell ist, dass vorläufig alle nur an die Eier möchten. Die Bären reissen die Lachse von unten auf und lecken die Eier heraus. Die Seelöwen beissen in den Kopf und schwenken ihren Hals so heftig, dass der Fisch zerreisst. Dann wird der Kopf ausgespuckt, nach dem weggeflogenen Fisch getaucht und ausgeschlürft. Der Rest landet bei beiden nach der nächsten Flut am Strand und stinkt vor sich hin.

    Grizzly     Scharfe Krallen

    Seelöwen flüchten vor Felix     Überbleibsel der Seelöwen

    Jetzt haben wir alle Ziele, die schon zu Hause oder unterwegs definiert wurden, erreicht. Wir waren in Feuerland, auf dem Machu pichu, am Nordpolarmeer, …, Franziska hat die Bären beim Fischen gesehen und Felix kann so viel eigenen Lachs essen, wie er will. Das hatten wir bis jetzt noch nie. Immer stand ungefähr fest, welche Richtung zu einem fernen Ziel wir einschlagen wollen. Jetzt kümmert uns nur noch das Bestreben, diese Gegend und damit meinen wir Alaska und Kanada hinter uns zu bringen bevor der Winter kommt und lassen uns treiben.

    Fireweed     Sie kann gut lachen

    Die letzten Tage in Alaska stehen ganz unter dem Motto: Früchte der Erde. An einem Tag sitzen wir in den Heidelbeeren, am andern pflücken wir ein Kilo Himbeeren. Damit werden Kuchen gebacken, feine Desserts kreiert und Konfitüre gekocht. Roh dürfen die Beeren nämlich nicht nach Kanada und über den Top of the World Hwy geht’s morgen genau dahin zurück.

    Him- und Heidelbeeri

    Mehr Bilder dazu in der Galerie Alaska 2