• 3. Juli. 2014 /  Alaska, Nordamerika

    Wir haben es geschafft, 24.5. – 24.6.2014

    Tolles Quilt    Deanli Süd und Nordspitze

    Wir stehen an der noch gefrorenen Prudhoe Bay, in der Beaufortsee am Nordpolarmeer. Hier am Ende der Welt, es gibt weltweit keine Strasse nördlicher als hier, trinken wir mit Franziskas Freundin aus der Schweiz Petra und ihrem Sohn Marco einen Kaffee und blicken zurück.

    In Feuerland, Patagonien, Argentinien, am anderen Ende der Welt steht eine Tafel: 17848 km bis Alaska. Wir haben daraus 95‘000 gemacht und 3 Jahre, 9 Monate und 20 Tage dafür gebraucht. Bei einem Tagesschnitt von 69 km und einem Verbrauch von ca. 13,6 Liter pro 100 km haben sich 12920 Liter Diesel in Rauch aufgelöst. Auf dem Doppelkontinent Amerika sind wir durch 18, und insgesamt, seit unserem Start im August 2009 durch 48 Länder gereist. Ob es wohl noch mehr werden??

    Zwei Tagesetappen vor der Grenze zu Alaska, noch im wilden Yukon bekommt Franziska eine Mail. Petras Sohn Marco (12j.) soll auf ärztlichen Rat ein 4-Wochen Timeout von Schule und Alltag machen. Er leidet an einem chronischen, unerklärlichen Eisenmangel, was ihn lustlos und extrem müde macht. Schnell kommt ihr die Idee, dass doch im hohen Norden zwei Freunde und Abenteurer nur darauf warten, Marco eine andere, neue und interessante Welt zu zeigen. Klar machen wir das, und ändern unsere Pläne der Expedition mit Louis und seinen Freunden den Dalton Highway zu fahren. Jetzt machen wir das halt nur zu viert und wir sind die Reiseleiter. Nur wenige Tage bleiben Petra, Flüge zu buchen und einen 4×4 Camper zu mieten, denn nur schon 7 Tage später holen wir die beiden vom Flugplatz in Anchorage ab.

    Portage Lake    Petra & Marco

    Vorher fahren wir beide schon einmal den Denali Highway. Der Ausdruck „Highway“ sollte nicht in die Irre führen, denn Highway wird hier alles genannt, auf dem ein Auto halbwegs fahren kann. Der Denali Hwy also ist eine 200 km lange Rumpelpiste mit Wellblech und Staub, bekannt für sein Tierreichtum und die hervorragende Sicht auf den höchsten Berg Nordamerikas den Mount Mc Kinley oder die indianische Bezeichnung, Denali (= Der Hohe). Die Szenerie ist wirklich wieder der Hammer, jedoch von Tieren oder dem Denali selbst keine Spur. Wir haben Pech, die Sicht ist extrem schlecht, da 400 km im Süden auf der Kenaihalbinsel seit Tagen ein gigantischer Waldbrand lodert und der Wind nun die Asche und Rauchwolken genau nach Norden weht.

    Denali Hwy     Ptarmigan

    Die geplante Route lassen wir bestehen, nur dass wir jetzt anstatt völlig losgelöst, genau 30 Tage dafür Zeit haben. Schnell ist alles Zusätzliche für unsere Besucher wie Mückenschutz, Bärenspray, Gummistiefel, Buschmesser und viel Futter eingekauft und wir machen uns erst einmal auf den Weg nach Süden. Da Alaska beinahe so gross wie Europa ist, jedoch eigentlich nur über 6 Strassen und ein paar Offroadpisten verfügt, ist die Routenplanung relativ einfach

    Auf dem Weg nach Homer, zu Beverly und Louis stoppen wir an wildromantischen Orten, wo die Mädels laut schwatzend Wanderungen durchs Bärenland wagen und die Jungs fürs Abendessen zuständig sind, während einer schnell schwimmen geht. Schon am ersten Abend gibt es 6 schöne Regenbogenforellen bei strahlendem Sonnenschein um 23.00 Uhr. Der Abstecher nach Seward und die Wanderung zum Exitgletscher werden durch garstiges Regenwetter verkürzt.

    Ein Spinner im See Freundinnen Wilder Camping

    Am Anchor Point, dem westlichsten Punkt des Doppelkontinents Amerika, der auf durchgehender Strasse zu erreichen ist, beobachten wir am Strand Seeotter und Weisskopfseeadler und sind am Abend bereits am Ende der Strasse im Süden der Halbinsel Kenai. Hier, 300 Meter über der Kachemak Bay, mit sensationeller Aussicht auf Meer, Gletscher und Berge werden wir von Bev und Louis herzlich empfangen.

    Cook Inlet     Bei Louis & Bev

    Die Amiexpedition in den Norden wird sich sogar noch um eine Woche verzögern, also ziehen wir nun definitiv alleine los. Vermutlich ist das auch besser so, es wäre mit 3 Autos und 2 Campern und 12 Personen schon eine rechte Gugelfuhr. Nur schon schöne Plätze für die Nacht (die hier ja nun gar nicht mehr stattfindet) würde nicht einfach sein. Unsere schönsten sind ja meistens die, wo wir schon kaum hinkommen und Platz haben.

    Also los! 4320 km warten auf uns. Felix will, dass Petra beim Passieren von Anchorage nochmals bei ihrem Autovermieter Go North stoppt und ein zweites Ersatzrad mitnimmt. Man weiss ja nie und wir haben schlimmes vom Dalton Hwy gehört. Ab dem Polarkreis würde die Piste mit scharfem Muschelkies befestigt. Ein Automech hat uns gesagt, er sei vor 2 Wochen da hochgefahren und habe 6 Reifen zerschlissen. Wir klopfen wie immer auf Holz, meist auf den Kopf von Felix, haben wir doch bis jetzt noch nie, noch gar nie einen Plattfuss gehabt. Toi toi toi!!!!

    Hier schon einmal vorne weg. Die Asphaltstrassen sind mit wenigen Ausnahmen (Senkungen, wenn die Sonne den schwarzen Asphalt erhitzt, den Permafrost taut und der Grund absackt.) perfekt. Der Dalton Hwy ist für uns Südamerikafahrer zumeist eine hervorragende Dirtroad, die wir oft im 4. oder gar 5. Gang befahren können. Bis auf ein paar Baustellen sind die 750 km ab Fairbanks hinauf zum Polarmeer für uns ein Zuckerlecken. Wenn‘s regnet wird man schon arg zugepappt, aber das ist auch alles. Und wenn wir schon dabei sind, gegenüber z. B. Paraguay im Chaco erleben wir die Mückenplage hier geradezu als lächerlich. Auch kennen diese Moskitos hier Malaria nicht. Das Gefährlichste auf dem Dalton sind für uns jedenfalls die entgegenkommenden und überholenden Truck’s. Viele, aber leider nicht alle bremsen schön herunter, denn sie wissen, dass ihre bis manchmal 30 Räder wahre Steinhagel hinter sich herziehen. Felix hat deshalb extra für den Dalton einen Schutz gebastelt. Ohne den wäre die Scheibe schon am 1. Tag durch einen faustgrossen Stein zertrümmert worden.

    Achtung Steinschlag     Steinschutz für Hiddy

    Strassenschäden im Permafrost     Dalton Hwy

    Ab Anchorage wählen wir mit dem Glenn- und dem Richardson Hwy einen Umweg über Glennallen, Paxson, und Delta-Junction nach Fairbanks. So sehen wir zusätzliche traumhaft schöne Strecken durch Alaska, weniger Baustellen und kaum Verkehr, der nun täglich markant zunimmt. Schon bald ist jedes 2. Fahrzeug ein Wohnmobil, das entweder aus dem Süden kommt oder wie von Perta gemietet wurde. Die Hochsaison hat begonnen; wehe uns.

    Matanuska Gletscher     Chugache Mtns.

    In Fairbanks, dem Ende der Zivilisation, heisst es alles zu bunkern, um an die 10 Tage autark zu sein. Tankstellen gibt es zwar 2 oder 3 bis nach Deadhorse ganz oben, die sind aber unverschämt teuer. Wir füllen beide Tanks randvoll und sollten es eigentlich hin und zurück schaffen. Petra aber, mit ihrem 4×4 Ami-Truck mit einem 6,7 ccm Motor muss wohl jede Tanke nutzen.

    Der Dalton Hwy beginnt, um uns herum nur unglaublich weite Wildnis. Das Einzige, was hin und wieder ein wenig, stört ist die Öl-Pipeline, die Alaska von Nord nach Süd durchquert und nur ihretwegen der Dalton gebaut wurde. Wir sind erstaunt, haben wir doch eine mehr oder weniger flache Strecke erwartet. Bis auf die Brooks Ranch über dem Polarkreis mit dem höchsten Pass von Alaska mit 1400 müM. Es ist jedoch eine ständige Berg- und Talfahrt. Alle paar Minuten ein Hügel mit perfektem Panorama, kaum später ein Flussübergang und schon wieder geht’s hoch.

    Öl Pipeline     Pipeline in der Tundra

    Auf der Brücke über den Yukon River stehenbleibend, um ein paar Bilder zu schiessen, wissen wir nicht, dass wir von der versteckten Ölpumpstation beobachtet werden. Mit Blau- und Rotlichtgeflacker rast irgendein Sicherheitsdepp der Ölcompany auf Felix zu, stoppt und schreit: „Sir,now you get a major problem, now move your f-truck from this f-bridge, now!!!“ Hallooo, mitten im Nichts? Wir haben‘s beinahe vergessen, wir sind ja in USA. O my gooooood! “I tourist, I nix versteh”, immer lächeln und tschüss.

    Yukon Brücke     Yukon River

    66° 33‘. Arctic Circle, Polarkreis. Auf genau dieser Linie verbringen wir eine warme Nacht. Ab hier geht die Sonne für 2 Monate nicht mehr unter. Wir haben erst einen Drittel des Daltons hinter uns, uns gefällt es hier oben. Nur die Viecher könnten sich noch aus ihren Verstecken wagen. Wunsch, Erfüllung. Bereits am nächsten Tag, die Wälder werden karger, die Tundra naht, jagt sich ein Höhepunkt dem anderen. Da sind die weissen Dallschafe, der blonde Grizzly, der rote Polarfuchs, die grauen Karibus, Kraniche, Eulen, und viel anderes Geflügel und ja der Wahnsinn, direkt neben uns der erste Moschusochse, schon bald gefolgt von einer ganzen Herde dieser bizarren Urviecher.

    Am Polarkreis Dallschafbock Rotfuchs

    Moschusochse Grizzly Karibu

    Die letzten 100 km fahren wir im strömenden Regen, die Flüsse sind noch teilweise gefroren, die Tundra noch im Winterschlaf. Vor uns taucht aus dem Nebel das Ölfördercamp Deadhorse auf. Wie erwartet ein hässlicher Industriekomplex ohne Touristeninfrastruktur.

    Exxon/ Mobile, BP und Conoco/Philipps fördern hier zusammen das schwarze Gold und verschandeln die Gegend in der Grösse von ganz Zürich. Ja wir wissen schon, dass auch wir heftig davon Gebrauch machen müssen, aber trotzdem. Was wir unterwegs vermutet haben, dass die Lkws die diese Anlagen versorgen keine Freude an uns Touris haben, bewahrheitet sich hier vollends. Man hätte hier am liebsten gar keine Menschen, die nichts mit dem Öl zu tun haben. Der Preis für das Benzin ist astronomisch, Trinkasser können wir auch nach dem 5. Mal fragen keines tanken und die amerikanische Freundlichkeit bleibt fast völlig aus. Um ans Polarmeer zu kommen, muss man eine Tour buchen, denn alles hier ist in Privatbesitz der Ölmultis. Für 59.- $ pro Person werden wir nach gründlichem Sicherheitscheck 90 Minuten durch vorbereitete Regionen gekarrt und zwischendurch muss der Fahrer via Funk um Durchfahrt – Erlaubnis bitten. Was haben die wohl zu verstecken? Endlich am Meer angekommen haben wir 10 Minuten, um durch den Nebel die noch tief gefrorene Beaufortsee zu sehen. Ein weiterer Tourist, ein Motorradfahrer möchte einen Fuss in die Tundra setzen um ein Bild zu schiessen, da bellt ihn der Fahrer bereits zurück. Wir dürfen keinen Fuss in die Tundra setzen, wegen Umweltschäden und so. Ääää, wir sind jetzt eine Stunde durch übel zugerichtetes Land mit 1000enden km Ölleitungen, Kabel, Verbauungen, Maschinenparks, Stromgeneratoren, Industrieschrott, Gasdruckfeuer und gigantischen Anlagen gefahren und nun dies. Zum Glück haben wir all das schon gewusst, wir hätten uns ganz schön geärgert. Wir haben uns in Feuerland gesagt, wir wollen ganz rauf ans andere Ende und haben dies nun gemacht. Egal wie. Hat man dieses Ziel nicht, kann man getrost vor Deadhorse (wie schön kann ein Ort wohl sein mit dem Namen „totes Pferd“?) wenden, man muss es auf keinen Fall gesehen haben. Hier ist der Weg das Ziel und der ist echt toll. Ein besonderes Erlebnis war, als sich 2 durchgeknallte Karibus über 3 Minuten mit Hidalgo ein Wettrennen lieferten und dicht neben uns mit über 56 kmh gewannen.

    Deadhorse     Bohrturm

    Verdienter Kaffee     Das Eis hält!

    Drei Tage später sind wir zurück in Fairbanks, waschen unsere verkrusteten Vehikel mit Hochdruck und die Kleider in der Loundry. Danach reservieren wir im Internet einen Campingplatz im Nationalpark Denali.

    Petra & Marco     In der Loundry

    Mit 2,43 Millionen Hektar einer der grössten NP überhaupt. Die Gletscher sind kilometerlang, die Flüsse mehrere hundert Meter breit. Die Elche erreichen eine Schulterhöhe von 2,10 m. Mittendrinn und nur sehr selten ausserhalb der Wolken der Denali, der Mc Kinley. Unter den Bergsteigern ist dieser Berg höher als der Everest, da er aus nur 700 müM direkt bis auf 6194 hinauf ragt. Also eine hübsche 5500 Höhenmeterwanderungen zum Gipfel. Beim Everest sind es ab dem Basiscamp lediglich 4000 m. Nicht einmal 50 % der jährlich ca. 1000 Bergsteiger, die den Denali besteigen wollen, erreichen den Gipfel im ewigen Eis.

    Der Denalipark ist auch eines der grössten Tourimagneten von Alaska, wir merken es schnell. Ohne Vorbuchung keine Chance für einen Platz auf dem beliebten Teklanika Camping. Privatverkehr im Park schon lange verboten, man muss eine Bustour für 34.-$ buchen. Lange im Voraus. Die Fahrt hat es aber in sich. 150 km oneway oder 9 Stunden sitzen wir in einem umgebauten Schulbus, fahren bis zum Wonderlake und gucken und gucken und gucken wieder…… Es sollte wimmeln von Tieren, wir sehen aber „nur“ Karibus, eine ganze Herde, einen Grizzlyrücken vom weitem und einige Elche. Zuhinterst aber, die Wolken lichten sich, kommt plötzlich „DER Berg“ zum Vorschein. Alle schauen gerade aus und suchen ihn, bis einer merkt, man muss den Kopf in den Nacken legen und hinauf schauen. In einer Entfernung von ca. 40 km steht der Riese oberhalb ganz normalen Bergketten wie ein gigantischer Fels in der Brandung. Es erschlägt einem beinahe.

    Denali in 64 km     Regenbogen im Denali

    Es ist verrückt, der Zufall will es, dass wir auf dem Park Camping die Deutschen Sabine und Markus und die Schweizer Renate und Bruno wieder treffen. Das gibt natürlich wieder ein grosses Hallo und wir verbringen zusammen die 3 Tage im Park mit viel Spass und Geplauder. Freunde, wir sehen uns bestimmt irgendwo wieder.

    Das Timeout von Marco geht seinem Ende zu. Wir verbringen noch ein paar gemütliche Tage in Camps mit Fischen, Grillen Wandern und Karten spielen. Am 24. Juni, der Camper ist abgegeben, bringen wir die beiden wieder zum Flugplatz und verabschieden uns herzlich. Obwohl wir uns so lange Viersamkeit nicht gewohnt sind, hat es sehr gut geklappt. Vielleicht können wir das ja mal wiederholen, event. mit der Beigabe eines Geri? Marco wünschen wir: Mach weiter so.

    Fischen vor dem Denali     Jamijami

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